Klare Aussagen, die wenig Spielraum für Interpretationen lassen bringen am Ende die Erkenntnis, dass das, was eigentlich schon immer so war, ich aber niemals glauben und wahrhaben wollte, einfach so ist. Das hinterlässt die bittere Erkenntnis jahrelang einen Kampf geführt zu haben, der dem gegen Windmühlen gleicht. Lässt mühsam aufgeschichtete Hoffnungsschimmer zerbröckeln, rückt Vergangenes teilweise in ein anderes Licht. Am Ende bleibt dann die Gewissheit, dass Recht haben und Recht bekommen zwei unterschiedliche Dinge sind, dass Erwartungen zu hoch waren ich den Ratschlag erhalte doch einfach keine zu stellen. Was letztendlich auch irgendwie eine Erwartung ist. Gleichzeitig werden gegenüber meiner Tochter aber Erwartungen geschürt und Hoffnungen auf Dinge geweckt, die niemals eintreten werden. Und wenn man als Mutter dann feststellt, dass die siebenjährige Tochter dieses Muster bereits durchschaut hat, ist die Erkenntnis um so bitterer und ich frage mich ernsthaft, warum mir das in den letzten 30 Jahren nicht gelungen ist, wenn JM das so offensichtlich erkannt hat.
Es ist schade und macht mich unendlich traurig, es führt Gefühle ad absurdum und hinterläßt ein eher gezwungenes Miteinander. Keiner Tiefe, keiner Vertrautheit und schon gar kein Interessen, sondern nur gewohnte und langjährige Oberflächlichkeit. Und führt zu dem Wissen, dass man gar nicht hinter eine Fassade blicken will, gar nicht genau hinschauen will, weil die Möglichkeit besteht etwas unschönes bemerken zu können, mit dem man sich auseinander setzen oder umgehen müsste vielleicht sogar Angst hat reagieren zu müssen. Es gibt also eine Erwartung, nämlich die Probleme alleine zu lösen das vor allem zeitnah, um sich dann wieder mit den Oberflächlichkeiten beschäftigen zu können. Aber das ist eine Erwartung, die so formuliert wurde und keine zu stellen geht auch gar nicht, auch wenn man behauptet das nicht zu tun.
Wir haben alle jeden Tag Erwartungen an Menschen in unserer Umwelt. An die Verkäuferin in der Bäckerei zum Beispiel, haben wir zumindest die Erwartung, freundlich bedient zu werden. Eine Selbstverständlichkeit vielleicht, aber eben eine Erwartung. An Kollegen und Bekannte haben wir die Erwartung, begrüßt zu werden, wenn man sich über den Weg läuft. An enge Freunde haben wir die Erwartung, dass sie aufmerksam sind und uns beispielsweise einen Hinweis geben, wenn das gewählte Outfit nicht optimal kombiniert ist oder vielleicht sogar unvorteilhaft aussieht oder ähnliches. An die beste Freundin haben wir die Erwartung unsere Sorgen teilen zu können, vielleicht sogar, sie auch mitten in der Nacht anrufen zu können. An unseren Partner haben wir die Erwartung gemeinsam durchs Leben gehen zu können. An unsere Geschwister haben wir die Erwartung, dass sie mit uns reden und das was sie wollen nicht auf einen Zettel schreiben oder uns auch im Ausland über unvorhergesehen Krankenhausaufenthalte unsere Eltern informieren. Und an unsere Eltern haben wir die Erwartung, dass sie sich für unser Leben interessieren und mit einem offenen Ohr und gut gemeinten Ratschlägen an unserer Seite stehen oder vielleicht im Notfall auch ungeplant den Babysitter ersetzen, weil ein unvorhersehbares Ereignis eingetreten ist... Alles kleine Beispiele, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit haben, vermutlich noch unendlich verlängert werden könnten und natürlich auch von der jeweiligen Lebenssituation abhängig sind.
Erwartungen haben, ist also primär nichts negatives. Zu viele und zu hohe Erwartungen zu haben, diese aber nicht zu äußern - ja das führt mit Sicherheit zu Frustration und tiefer Enttäuschung und auch das kommt in unserer aller Leben sicherlich viel häufiger vor, als wir es uns wünschen würden, davon wird sich wohl kaum jemand frei sprechen wollen, auch wenn er noch so sehr auf dem Standpunkt steht lieber nicht zu viel zu erwarten, weil dann die Enttäuschung nicht so groß ist. Es wird einfach nicht immer gelingen. Was vermutlich auch nicht schlimm ist, weil jede Enttäuschung auch lehrreich ist und sei es nur, dass wir am Ende erkennen, dass wir gewisse Dinge eben nicht erwarten können.
Entscheidungen hingegen sind etwas ganz anderes. Entscheidungen kann man alleine treffen, man kann sich Ratschläge und Meinungen einholen, sich informieren, abwägen, Pro und Contra vergleichen aber treffen muss man sie am Ende alleine. Ich habe nicht die Erwartungen an Dritte, erst um Rat gefragt zu werden, es sei denn, ich bin von einer Entscheidung direkt betroffen. Und so kann ich zwar mit Rat und Tat zur Seite stehen, auch äußern ob ich eine Entscheidung für richtig oder falsch halte oder sie ggf. anders treffen würde, aber letztendlich muss der Betroffene seine Entscheidung selbst treffen. Bei Menschen die mir etwas bedeuten und die mir wichtig sind, ist es letztendlich sogar egal, ob ich vorher wusste oder davon ausgegangen bin, dass eine getroffene Entscheidung falsch war. Ich kann trotzdem da sein, zur Seite stehen, trösten, aufrichten, mich interssieren und zuhören. Genauso wie ich gratulieren, mich freuen oder mitjubeln kann, wenn eine getroffene Entscheidung Erfolg hatte oder ein positives Echo fand. Denn nur das zeigt doch letztendlich, dass mir die Person wichtig ist, dass sie mich interessiert. Das hat aber eben nichts mit meinen Erwartungen zu tun, sondern mit meinem Selbstverständnis und mit meiner Definition von Freundschaft und Familie.
1 Kommentar:
Es hat mich SEHR beeindruckt - Du hast ja so recht!
Gruß GH
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