Neulich schrieb ich schon mal, dass ich aus der Regierungsbildung hierzulande ausgestiegen bin. Ute hatte mir da aus der Seele gesprochen. Trotzdem, es ist erschreckend was nun hierzulande gerade in Sachen Bildungspolitik mal eben ausprobiert werden soll. Weg mit den Studiengebühren - gut für die Studenten, keine Frage, aber die Unis sollen natürlich weiterhin Gelder zum Umbau diverser Studiengänge zur Verfügung stehen - Gelder die genau woher kommen? Abitur nach 12 oder 13 Jahren? Gerade eben erst wurde G8 umgesetzt - zugegebener Maßen nicht so richtig durchdacht, im Prinzip wurde einfach ein Jahr gestrichen und die Unterrichtsstunden und Lehrinhalte auf die verbliebenen aufgeteilt. Das führte zu diversen Problemen, angefangen von nicht vorhandenen Aufenthaltsräumen oder fehlender Mittagsverpflegung über völlig überlastete Schüler und steigendem Druck. Nicht gut, kein Diskussionsbedarf. Statt aber nachzubessern, sinnvoll zu überlegen was aus den Lehrplänen gestrichen werden kann, wie man eine Mittagsverpflegung organisieren kann etc. kommt jetzt der 1A-Spitzenvorschlag: Es soll zukünftig den Schulen überlassen werden, ob sie G8 oder G9 anbieten, in Abstimmung mit den Eltern - versteht sich! Hallöchen? Gehts irgendwie noch? Zu was bitte soll das führen? Vermutlich zum absoluten Bildungschaos. Weg mit der unbegrenzten Schulwahl, weg mit den Kopfnoten - ja, man kann über beides sehr geteilter Meinung sein, aber ganz ehrlich, wenn nicht endlich mal jemand anfängt sich langfristig mit einer gescheiten Bildungspolitik auseinander zu setzen und das in den nächsten Jahren so weiter geht, dann wird jeweils mit einem Wechsel der Regierung alles wieder zurück auf Anfang gestellt. Vier Jahre so rum, vier Jahre wieder anders herum. Von hierdurch entstehenden Kosten, riesigem Bürokratieaufbau etc. mag ich gar nicht erst reden.
Was wir in Sachen Bildungspolitik brauchen ist meiner Ansicht nach völlig eindeutig. Längeres gemeinsames Lernen mindestens bis Klasse 6, stärkere individuelle Förderung sowohl für leistungsschwache als auch für leistungsstarke Kinder, verbindliche Sprachförderung, die erst endet, wenn es keine sprachlichen Defizite mehr gibt. Eine individuelle Förderung würde dazu führen auch leistungsschwache Kinder zu stärken, statt sie im Schulsystem immer weiter absteigen zu lassen und sie so schon als kleine Menschlein zu "entwerten". Stärkere Einbindung von sportlichen Aktivitäten in den Schulalltag, was für mich einen Weggang vom ausschließlichen Lernen am Vormittag bedeutet und auf jeden Fall dazu führen müsste, dass sich der Schultag bis mindestens 15 Uhr ergibt. Gleichzeitig bedeutet das, dass es in allen Schulen ein warmes gesundes und ausgewogenes Mittagessen gibt und Ernährung auch eine Rolle in der Schule spielen muss. Ziel soll es nicht sein, dass alle Kinder die Schule mit dem Abitur verlassen, keine Frage. Aber eine Intergration von Sportvereinen, Musikschulen etc. in den Schulalltag würde auch die aktuelle Diskussion um kostenlose Gutscheine für ärmere Bevölkerungsschichten erübrigen. Schule darf sich nicht auf die reine Wissensvermittlung beschränken und sämtliche soziale Kompetenzen überhaupt keine Rolle spielen. Hierbei ist aus meiner Sicht auch wichtig, dass Kinder unterschiedlicher Altersstufen gemeinsame Projekte durchführen um so von einander zu lernen.
Mit einer Bildungspolitik, die längsten vier Jahre bestand hat, werden wir - 10 Jahre nach dem ersten "Pisa-Schock und 10 Jahre in denen wir immer noch in einer Schockstarre verharren und NIX passiert ist - nichts erreichen. Schon alleine der Tatsache, dass wir einem demographischen Wandel unterliegen, der nicht mehr aufzuhalten ist, ist es geschuldet, dass wir es uns nicht leisten können, Kinder die aus einer bildungsferneren Schicht kommen im jetzigen System untergehen zu lassen, denn wir dürfen nicht vergessen, dass die Akademiker Eltern von heute im Durchschnitt weniger als ein ganzes Kind bekommen.
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