Montag, 10. November 2008

Grüße in den Himmel

Lieber Opa W.

als Du heute vor einem Jahr Deine Reise weg von dieser Erde - wohin auch immer - angetreten hast, wusste ich weder, dass Du im Krankenhaus warst, noch, dass Dein Zeit hier abgelaufen sein könnte.

Erst einige Tage später habe ich überhaupt davon erfahren.

Wenn ich zurück denke an meine Kindheit, an die vielen Stunden, die ich bei euch verbracht habe, dann denke ich besonders gerne an die Zeit zurück, als ihr noch hinten im Garten eure Tiere hattet. Hühner, Hasen... Auch wenn ich erst nach einiger Zeit den Zusammenhang zwischen verschwundenen Kaninchen und dem Braten auf dem Tisch begriffen habe, ich bin gerne mit Dir zu füttern gegangen. Überhaupt war ich immer gerne bei euch. Ich habe mit Dir diese Fernsehserie gesehen und Du hast mir erklärt was ein Arschleder ist :-)

Als Kind war es so schön bei euch, auch wenn Oma mich immer beim Kartenspielen hat gewinnen lassen, wenn sie mir heimlich, damit Du es nicht merkst 5 DM zugesteckt hat, wenn wir zusammen im Zoo waren... Ja, an meine Kindheit bei euch habe ich nur glückliche Erinnerungen.

Als meine Eltern sich getrennt haben wurde alles anders... Ihr habt euch auf keine Seite gestellt, keine Position bezogen, außer die, dass wir nicht mehr den gleichen Stellenwert hatten wie früher. Cousine I. hat sowieso immer eine ganz andere Rolle in eurem Leben gespielt, aber damit konnte ich umgehen. Für mich wird es immer schwer bleiben, damit leben zu müssen, dass ich verantwortlich gemacht werde, für das Handeln meiner Eltern. Ihr habt euch nach der Trennung meiner Eltern, gegen meinen Vater, gegen meine Mutter und auch gegen uns gestellt. Mag sein, dass die Scheidung einer Ehe nicht in euer Weltbild gepasst hat - auch wenn ihr euch da bei anderen Personen anders verhalten habt. Aber selbst wenn die Scheidung meiner Eltern bei euch zu einem noch größeren Bruch mit eurem Sohn geführt hat, so trage ich dafür keine Verantwortung.

Ihr habt euch immer beschwert, dass ich so selten bei euch war, mich so selten gemeldet habe und Oma tut das heute noch. Vielleicht tue ich das, allerdings kam und kommt von eurer Seite auch nicht viel mehr. Aber ich habe - gerade weil Du heute seit einem Jahr nicht mehr hier bist - sehr viel über die Situation nachgedacht und ich bin fest davon überzeugt, dass es mit der Scheidung anfing, dass ich mich nicht mehr wohlgefühlt habe bei euch.

Es tat mir weh, dass mir niemand etwas gesagt hat, als Du im Krankenhaus lagst, es tat mir weh die Todesanzeige in der Zeitung zu sehen, in der Du nur noch zwei Kinder hattest und ein Enkelkind. Sicher, dass war bestimmt nicht Deine Entscheidung und sicher hatten diese Kinder und dieses Enkelkind einen größeren Anteil an Deinem Leben als ich, aber war das nicht auch so, weil ihr uns keinen größeren Raum gegeben habt, weil wir eben die Kinder unseres Vaters, Deines Sohnes waren, der so anders ist, als Du ihn gerne gesehen hättest? Ich hätte mir so sehr gewünscht, dass Du in Deinen letzen Tagen hier auf dieser Welt die Chance ergriffen hättest, Dich mit Deinem Sohn und meinem Vater auszusprechen und Frieden zu schließen.

Aber das sind eben nur meine Wünsche. Ich habe Dich lieb und schicke dem Opa, mit dem ich Kaninchen gefüttert und Fernsehserien gesehen habe eine dicken Kuss und eine dicke Umarmung. Ich habe Dich nicht vergessen auch wenn Du mich in Deinen letzten Jahren vergessen hattest!

XXX

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