Früher war alles besser? Nein, sicherlich nicht. Trotzdem manchmal frage ich mich, warum wir uns das Leben so schwer machen müssen.
Der Stein des Anstoßes war ein Zettel, den JM aus der Schule mitbrachte. Es ging um die Zeugnisausgabe. Nun war ich nie in einer "normalen" Schule und kann das mit dem "früher" also eigentlich gar nicht beurteilen, aber so war es mit Sicherheit nicht! Der Zettel bot mir die Wahlmöglichkeit auf drei unterschiedlichen Wegen an das Zeugnis meiner Tochter zu kommen, ich kann es in einem Zeitraum von drei Tagen persönlich in der Schule abholen, ich kann am Tag der Zeugnisausgabe einen Termin in drei Zeitfenstern wählen um das Zeugnis mitzunehmen und gleichzeitig ein persönlichen Gespräch mit der Lehrerin über den Leistungsstand meines Kindes führen oder das Zeugnis kann auf meinen ausdrücklichen Wunsch meinem Kind mitgegeben werden. Natürlich gab es einen Antwortzettel zum ausfüllen. Ich habe keine Ahnung wie viele Antwortzettel ich im fast vergangenen Schuljahr ich ausgefüllt habe, wie viele Zettel überhaupt aus der Schule kommen, aber eines ist sicher: Es sind eindeutig zu viele!
Da gibt es zum einen ständig etwas mitzuteilen und zum anderen muss ich ständig Dingen zustimmen oder den mir am besten passenden Weg auswählen, dass ich denke die arme Schulsekretärin kann nur noch mit der Auswertung irgendwelcher Antwortzettel beschäftigt sein.
Freiheit haben wir uns in den letzten Jahren erkämpft und damit scheint verbunden zu sein, dass man für jedes noch so winzige Detail erstmal eine Abfrage starten muss, damit sich auch nur niemand übergangen fühlt. Jeder darf zu allem auch noch seine ganz persönliche Meinung kundtun, muss in allen Dingen eine gewisse Entscheidungsfreiheit haben, damit sich auch jeder berücksichtigt fühlt. Auf der einen Seite hat man das Gefühl, dass wir in einer Gesellschaft leben, die von der Schule einen rund um Erziehungsauftrag erwartet, frei nach dem Motto: Hier ist mein Kind, ich hole es nach dem Abitur wieder ab, bitte gebildet und wohlerzogen, denn dafür zahle ich schließlich!", gleichzeitig aber bitteschön zu jeder Entscheidung um ihre Meinung gefragt werden will und wenn das nicht geschieht zum Anwalt läuft und vor Gericht zieht. Anstrengend! Finde ich zumindest. Erziehung bitte in der Schule, aber bitte unter Berücksichtigung meiner Religion, meines Glaubens, meiner Werte und bitte ganz individuell. Ein Widerspruch an sich? Nein, offensichtlich nicht! Da können muslimische Eltern ihre Kinder vom Schwimm- und Sportunterricht ausschließen lassen, Zeugen Jehovas ihre Kinder vor Geburtstagsfeiern schützen, wir diskutieren über islamischen Religionsunterricht und demnächst vermutlich auch noch über buddhistischen, hinduistischen oder darüber, dass es jemandem aber gar nicht passt, dass eine Schulstunde nur 45 Minuten hat, obwohl es "Stunde" heißt, weil eine Studie xy vom Institut für Absurdität und Wahnsinn heraus gefunden hat, dass das der Entwicklung unserer Kinder schadet.
Bürokratiewahn in der ersten Klasse zu Themen, die für mich zum einen absolut überflüssig sind und zum anderen einen großen Teil an Zeit rauben, den ich eigentlich gar nicht habe. Mir hat auf besagtem Zettel eigentlich nur noch die Zusatzbemerkung gefehlt, dass der Anwalt der Schule in Raum yz während der Zeit von sowieso bis sowieso zu finden ist, falls man direkt anstrebt gegen das Zeugnis zu klagen.
Nicht falsch verstehen, der Schule mache ich an dieser Stelle überhaupt keinen Vorwurf, denn alleine die Tatsache, dass die Eltern mit Zetteln und Zettelchen überhäuft werden und das ich drei verschiedene Möglichkeiten habe an das Zeugnis meiner Tochter zu kommen wird mit Sicherheit nicht darauf beruhen, dass die Schule aus reiner Nächstenliebe einen Arbeitsplatz schaffen wollte, sondern hängt viel mehr damit zusammen, dass die Eltern immer absurdere Ansprüche stellen. Ganz ehrlich, am Tag der Zeugnisausgabe muss ich kein Gespräch mehr mit der Lehrerin über den Leistungsstand meiner Tochter führen, da ist der Zug bereits abgefahren. Abgesehen davon dachte ich immer, dass ein Zeugnis eine Übersicht über den Leistungsstand darstellt. Wenn mein Kind Probleme in der Schule hat, sollte mir das zum einen bereits vor der Zeugnisausgabe auffallen und zum anderen muss auch ein Gespräch mit der Lehrerin dann wesentlich eher stattfinden. Tut es ja auch, nämlich an mindestens zwei Elternsprechtagen im Jahr und bei größeren Problemen auch öfter.
Als arbeitende Rabenmutter habe ich also angekreuzt, dass das Zeugnis meiner Tochter ausgehändigt werden soll.
Nach einer juristischen Prüfung durch unseren Haus und Hof Anwalt, werde ich es auch unterschreiben und Genehmigen. Schließlich geht es um die Zukunft meines Kindes und die lasse ich mir nicht von der Schule vorschreiben! (*Sarkasmus off)
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